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Fr., 16.02.1962, 09:00
h: Beim Feuerschiff Elbe 3 in der Elbmündung
reißt die Ankerkette im Sturm. Der Schlepper Eisfuchs
und der Tonnenleger Neuwerk laufen aus, um das Schiff
nach Cuxhaven zu schleppen.
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19:00 h: Die
Wetterwarte gibt Sturmflutwarnung. Amtmann Günter
Michel erhält die Meldung, dass das Wasser bereits auf
7,30m über Pegelnull (90cm höher als das MTHW )
gestiegen ist. 35 Minuten später (das Wasser ist um
weitere 30cm gestiegen) lässt er Voralarm (Alarmstufe
I) für den Deichschutz geben.
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19:55 h: Voralarm
für die gesamte Bundeswehr im Standort Cuxhaven.
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20:00h: Das schnell
ansteigende Wasser beginnt unter dem Slippen hindurch
in die Deichstraße zu laufen.
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20:35 h: Das Wasser
steht inzwischen bei 8,80m über Pegelnull. Die
Einsatzleitung tritt im Polizeigebäude in der
Friedrich-Carl-Straße zusammen; Alarmstufe II wird
ausgelöst.
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20:50 h: Alarmstufe
III: Deichwachen, Bundeswehr, THW, DRK, Feuerwehr
beziehen Position.
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20:55 h: Zwei
Frauen müssen mit einem Schlauchboot aus dem Gasthaus
„Zur Fähre“ gerettet werden. In einer dramatischen
Aktion werden am Seepavillion vier Männer, die sich an
den Maschendrahtzaun klammern, per Schlauchboot
geborgen.
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21:00 h: Die
einzige Telefonverbindung zur Wetterwarte fällt aus.
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21:05 h: Das
Schleusentor am Slippen wird gerade noch rechtzeitig
geschlossen. Einige Cuxhavener schauen neugierig zu
und behindern die Rettungskräfte.
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21:05 h: Die
Sirenen heulen und warnen vor einem möglichen
Deichbruch in Cuxhaven. Eine
Stunde später schwappt das Wasser in der Deichstraße
über den Deich und flutet teilweise die Stadt. Mit
Rammen werden die Slippentore zur Sicherheit
abgestützt. Das Wasser steht nur Zentimeter unterhalb
der Oberkante. Manche Einheimische packen ihre Koffer
und fahren in die höher gelegenen Regionen nach
Altenwalde.
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21:15 h: Der
eletronische Pegelanzeiger in Cuxhaven hält den Fluten
nicht mehr stand und liefert keine Daten mehr, u.a.
auch nicht zum Deutschen Hydrografischen Institut nach
Hamburg.
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22:13 h: mit einem
provisorisch eingesetzten Lattenpegel wird der
legendäre Wasserstand von rd. 10m über Pegelnull per
Hand nach gemessen.
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22:30 h: Der
Nachschub mit Sandsäcken kommt ins Stocken.
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22:32 h: Der
Rundfunk unterbricht sein Programm für eine
Warndurchsage: „Für Cuxhaven besteht
Deichbruchgefahr. Die Bevölkerung wird dringend
gebeten, die oberen Stockwerke aufzusuchen. Sagen Sie
bitte ihren Nachbarn bescheid!“
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23:00 h: Bei der
Kugelbake ist der Döser Seedeich angeschlagen. In
Duhnen ist der Deich gebrochen; in der Dohrmannstraße
stark gefährdet. Hier rutscht die Deichböschung
etliche Meter ab. Vom Neufelder Deich in Groden wird
gemeldet, dass das Wasser an einigen Stellen durch den
Deich sickert. In breiter Front strömt das Wasser
jetzt über den Deich an der Deichstraße. Von da aus
verteilt sich das Wasser rasch in den Alten Weg und
die Schillerstraße, zur Annen- und Blohmstraße, bis
hin zum Rathaus und weiter bis zur alten Kommandantur
in der Kasernenstraße. Über die Bahnhofstraße gelangt
das Wasser zur Großen Hardewiek und der Segelckestraße.
Dort werden die tiefer gelegenen Stellen beim früheren
„Langen Jammer“ und in der Lehmkuhle teilweise bis
75cm hoch überschwemmt. Das Wasser bahnt sich seinen Weg
ferner über die Neufelder Straße bis in den „Flecken“
hinein. Vor dem Industriegebiet Groden-West macht das
Wasser erst in Höhe der Firma Hebold an der Grodener
Chaussee halt.
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23:50 h: Der
Wasserstand beginnt langsam zu sinken.
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Sa., 17.02.1962, 01:00
h: Die Feuerwehr beginnt damit, die vollgelaufenen
Keller im Cuxhavener Stadtgebiet auszupumpen.
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02:00 h: Im Einsatz
sind in dieser Nacht mehr als 80 Mitarbeiter der
Stadtverwaltung, rd. 100 Leute des Deich- u.
Schleusenverbandes, rd. 730 Bundeswehrsoldaten, über
50 Polizeibeamte und knapp 20 Zollbeamte, rd. 90
Helfer des THW, 110 Mann der Feuerwehr und 50
DRK-Helfer sowie unzählige Freiwillige.
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09:00 h:
Am Samstag Vormittag offenbart sich das ganze Ausmaß
der nächtlichen Sturmflut: Die Wege zur Alten Liebe
sind zum großen Teil zerstört, schwere Betonplatten
wurden von den großen Brechern einfach fortgespült.
Die Bundeswehr war in der Nacht und den ganzen Samstag
noch damit beschäftigt, die Deichabschnitte
provisorisch abzusichern. Zwischen Bahnhof und
Schleusenpriel werden Unmengen von Schwemmsand
entfernt. Die erste vorsichtige Schadensbilanz
bezifferte man am 23. Februar auf rd. 35 Millionen
Mark. Als Folge der Sturmflut von 1962 wurden die
Deiche um rd. 60cm auf 7,10m erhöht. Auch das
Deichvorland wurde erhöht, damit sich die Wellen schon
vorher brechen. Der so genannte Obdeich (der Querdeich
zwischen Hafen und Deichstraße) wurde mit
Stahlbetonwänden verstärkt und erhöht.